Klartext von Kiesewetter: Abschied vom Mittelstand
von Bernd Kiesewetter | Jan 29, 2022 | Blog |
Klartext von Kiesewetter
Die Verantwortung der Woche
Lieber Robert Habeck,
wir hatten Sie spätestens seit der Pandemie als einen der „vernünftigen“ Grünen wahrgenommen und uns manchmal gefragt, warum ausgerechnet Sie sich hinter Annalena Baerbock eingereiht haben.
Doch wir haben Sie offenbar gnadenlos überschätzt.
Nicht nur, dass man Sie öffentlich jammern hört, wie viel Sie plötzlich arbeiten müssen, machen Sie auch noch das genaue Gegenteil von dem, was Ihre eigentliche Aufgabe wäre. Statt die Wirtschaft zu fördern, würgen sie ihr erst mal so richtig eins rein. Nicht etwa eine Erneuerung haben Sie am Start, sondern Sie stellen ab. Ohne Vorankündigung beenden Sie von heute auf morgen einfach die Förderung der Effizienz-Häuser und stellen nicht nur Zehntausende Eigenheimbauer vor riesige Probleme und existenzielle Sorgen, sondern gefährden auch gleich mal eine ganze Reihe von Unternehmen rund um das Thema, mitsamt ihrer Angestellten.
Auch wenn viele Sie als Energie- und Klima-Minister betrachten, Sie sind Wirtschaftsminister.
Und selbst wenn Sie das Ministerium gleich mal von „Wirtschaft und Energie“ in „Wirtschaft und Klimaschutz“ umbenannt haben, bleibt die Aufgabe die Gleiche: die Rahmenbedingungen für eine starke Wirtschaft und damit für den Ausbau, zumindest aber den Erhalt des Wohlstands zu schaffen. Sie sind angetreten, um die Energiewende zum Treiber für Modernisierung, Innovationen und Digitalisierung zu machen. Sie selbst schreiben sich „Vorfahrt für mittelständische Unternehmen und Existenzgründer“ auf die Fahne, auf Ihrer Website ist von „Investitionen ankurbeln“ die Rede und „mit Augenmaß die Energiewende vorantreiben“. Wenn das Ihre Vorstellung von Bürokratieabbau ist, Programme einfach ersatzlos zu streichen, dann können wir uns ja noch auf etwas gefasst machen.
Verlässlichkeit ist einer der fundamentalen Werte unserer Wirtschaft und unseres Zusammenlebens. Einmal gebrochenes Vertrauen braucht lange, um wieder tragfähig zu werden, falls es überhaupt gelingt. Wenn Ihr Vorgänger Peter Altmaier für den Mittelstand bereits ein Totalausfall war, drohen Sie seine Katastrophe zu werden. Denn Sie kümmern sich in keinster Weise um den Mittelstand und damit um die Mittelschicht.
Herr Habeck, Sie haben eine riesige Verantwortung übernommen. Das sogenannte Superministerium wird so bezeichnet, weil es so viele andere Bereiche miteinschließt und Sie damit noch mehr Verantwortung tragen als mit manch anderem Posten. Dessen müssen Sie sich endlich bewusst werden. Sie halten die deutsche Wirtschaft für „sehr robust“, verweisen dabei auf „prall gefüllte Auftragsbücher“ der Industrie, auf den daran hängenden Mittelstand und trösten sich mit dem stabilen Arbeitsmarkt. Wachen Sie auf! Der Mittelstand ist nicht die Industrie – und die ist übrigens auch keineswegs so robust, dass sie Ihren Angriffen standhalten könnte, wenn es jetzt nur noch um den Klimaschutz gehen sollte.
Sie übersehen ganz offensichtlich, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze sowie 80 Prozent aller Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen – und damit nicht nur die Zukunft Deutschlands sind, sondern auch die Gegenwart in Sachen Leistung und Wohlstand – nicht überleben können, wenn Sie sich nicht um sie scheren.
Wir kleinen und mittleren Unternehmer und Unternehmerinnen hofften mit der FDP einen Ausgleich in der Ampelregierung zu Ihren teils ohnehin fraglichen Umweltschutzplänen zu finden, doch offenbar interessiert sich von denen auch keiner mehr. Zu sehr sind Sie alle mit sich selbst beschäftigt.
Doch erinnern Sie sich bitte daran: Sie sind gewählt, um dem Wohle des Volkes zu dienen. Das ist in großem Maße der Mittelstand, die Mittelschicht.
Zum Wohle des Volkes – werden Sie dem schnellstens gerecht.
Ihr