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Manchmal ist die Situation einfach nicht gut und wir haben keine wirkliche Wahl. Die Umstände sind so dürftig, dass wir uns leider nur für das kleinere Übel, die geringere Katastrophe entscheiden können.
Wir können noch so positive Gedanken pflegen, es macht die Sache nicht besser. Sie können Glitzer darüber streuen oder sie bunt anstreichen, sie wird nicht schön. Sie können die Angelegenheit mit Zuckerguss versehen, sie wird nicht wirklich süß. Und das ist sicherlich eine der wichtigsten Erkenntnisse des Lebens: Dinge so anzunehmen, wie sie sind. Nur dann können wir trotzdem noch etwas daraus machen. Wir dürfen nicht alles schönreden. Wir müssen lernen, Schlechtes auch als Schlechtes anzunehmen!
Durchhalten in der Pandemie
Die Corona-Pandemie ist ein gutes Beispiel. Das Virus ist, zumindest für uns Menschen, nicht gut. Wir haben seit Monaten nur die Wahl, die Menschenleben und die Stabilität des Gesundheitssystems zuerst zu schützen oder das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft vorne anzustellen. Da die Wahl der zweiten Alternative zeitlich versetzt den Kollaps im erstgenannten Bereich mit sich zieht, würde nach kurzer Zeit die Katastrophe auch wieder den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich betreffen und es wäre nichts gewonnen. Also nehmen wir in Kauf, dass Gesellschaft und Wirtschaft am Boden liegen. Wir müssen durchhalten, bis die Zahlen so gering werden, dass wir die Ausbreitung bewältigen können und genug Impfstoff zur Verfügung steht.
Die Wahl haben Sie als Einzelner ohnehin nicht. Die Entscheidungen werden in der großen Politik, seitens der Regierung getroffen. Sie können sich nun den ganzen Tag ärgern und aufregen, welche Fehler aus Ihrer Sicht gemacht werden, Sie werden die Entscheidung selbst kaum beeinflussen. Dazu müssten Sie schon etwas mehr auf die Beine stellen. Und vor allem bräuchten Sie am Ende Alternativen, die das gesamte Land und seine Bevölkerung berücksichtigen und auch in der Umsetzung vielversprechender erscheinen.
Wenn Sie also am Ende akzeptieren, dass dies nicht Ihr Verantwortungsbereich ist, bleibt Ihnen nur noch durchzuhalten.
Durchhalten in der Depression
Durchhalten gilt auch für manch Betroffenen von kurzzeitigen emotionalen Verstimmungen. Dagegen anzukämpfen hat sich als schlechte Wahl herausgestellt. Sie können also nur, mithilfe medizinischer und praktischer Hilfen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, das Beste daraus machen und abwarten, dass der Schub wieder vorbeigezogen ist.
Durchhalten im Training
Wenn Sie einen Sport betreiben und an der Erreichung bestimmter Ziele interessiert sind, kennen Sie die sogenannten Plateauphasen. Es sind die Zeiten, in denen keine Fortschritte sichtbar sind. Sie denken, Sie kommen nicht voran und es würde keine Entwicklung geben. Sie können alles probieren und sich noch soviel Mühe geben, Sie kommen nicht voran. Und erst nach einer Weile des Stillstandes, manchmal Tage, manchmal Wochen und manchmal sogar Monate später, kommen Sie auf die nächste Ebene. Natürlich nur, wenn Sie am Ball geblieben sind; wenn Sie durchgehalten haben.
Durchhalten beim Lernen
Gleiches gibt es beim Erlernen einer Sprache, einer Wissenschaft, eines Instrumentes, eines neuen Gebietes oder eines neuen Verhaltens. Sie können es nicht mit gleichbleibenden Fortschritten erlernen. Wenn Sie die Gitarre oder jedes andere Instrument erlernen, dann werden Sie an einen Punkt kommen, wo es scheinbar nicht mehr weiter geht. Dann müssen Sie durchhalten und weiter üben, damit es weiter gehen kann. Wenn Sie lernen Tischtennis zu spielen, werden Sie an diesen Punkt genauso kommen wie beim Schreiben mit der anderen Hand. Es gibt unzählige Beispiele und immer geht es nur darum durchzuhalten, zumindest, wenn es weiter gehen soll.
Durchhalten in der Beziehung
Das gilt auch für die Liebe und die Beziehungen. Sie werden in jeder Beziehung, und ich meine wirklich in jeder, an den Punkt kommen, an dem Ihre Geduld und Ihr Durchhaltevermögen auf die Probe gestellt werden. Wenn es weitergehen soll, müssen Sie auch die schlechten Phasen durchstehen. Wenn Sie eine neue und in diesem Fall tiefere Form der Verbindung gestalten wollen, müssen Sie durchhalten.
Durchhalten im Leben
Genauso wie in einer Beziehung ist es eben auch im Leben. Es gibt tausende Momente, die Sie durchstehen müssen, in denen Sie durchhalten müssen oder zumindest sollten. Es gibt Rückschläge, Niederlagen, Schicksalsschläge und vieles mehr, was Sie sich nicht aussuchen. Sie machen Fehler, egal wie gut Sie auch sind. Diese Fehler haben Folgen und manchmal wirklich harte Konsequenzen. Glauben Sie mir, ich kann davon einiges berichten. Diese Konsequenzen ziehen sich gelegentlich nicht nur über Jahre und Jahrzehnte, sondern bleiben für immer Ihre Begleiter.
Mein Durchhalten bei den Pleiten
Ich war pleite, mehr als ein Mal. Geschäftlich fliegt Ihnen nicht immer alles zu. Es gibt Momente, da bleiben die Umsätze aus, aber die Kosten bestehen. Sie müssen dann durchhalten, denn keine Phase dauert ewig, solange es eine Phase bleibt.
Meine geschäftlichen Aktivitäten waren auch nicht immer mit einem glücklichen Händchen versehen und manchmal habe ich finanziell auch privat richtig dumm gehandelt. Die Folgen waren schwerwiegend. Sie bekamen in Deutschland früher nicht einmal mehr ein Konto und so brauche ich nicht weiter auszuführen, wie schwierig es war, weiterzumachen. Durchzuhalten.
Mein Durchhalten bei der Sucht
Ich bin cocaethylensüchtig, Kokain in Verbindung mit Alkohol. Das bekommen Sie nicht mehr weg, das bleibt. Ein Leben lang. Das ist eine der weniger schlimmen Dinge, denn ich kann etwas dafür tun, dass diese Sucht mein Leben kaum beeinträchtigt. Aber sie wird in irgendeiner Form trotzdem mein Leben beeinträchtigen. Immer. Und ich werde durchhalten müssen, wenn sie nicht wieder ausbrechen soll.
Mein Durchhalten beim Unfall
Ich habe mir mein Bein abgerissen, beim Wakeboard fahren. Ein Schienbein-, Wadenbein- und Sprunggelenksbruch sowie der Abriss aller Bänder. Es hat nicht nur die nächsten 3 Jahre mit zig Krankenhausaufenthalten, 5 Operationen, Krücken und Rollstuhl geprägt, sondern es begleitet mich bis heute jeden Tag. Und wird mich für immer begleiten. Während der Rehabilitation war ich oft an dem Punkt, an dem Durchhalten infrage hätte stehen können, doch es gab für mich keine Wahl und gibt es bis heute nicht. Natürlich werde ich nicht mehr Squash oder Fußball spielen, aber um die Spaziergänge des Lebens weiter bestreiten zu können, gilt es durchzuhalten. Das macht weder die Schmerzen kleiner noch die Beeinträchtigung besser, und mit Zuckerguss und Glitzer auch nicht hübscher, aber es fehlt mir die echte Alternative.
Entscheidung Durchhalten
Sie entscheiden selbst, ob Sie durchhalten oder nicht – egal bei was. Die Alternative ist eine einzige: Aufzugeben! Und da wir selten für immer aufgeben, ist es nur ein Rückschritt. Solange Sie sich nicht das Leben nehmen und den Freitod wählen, werden Sie, zumindest emotional, immer wieder weitermachen wollen, so dass es sich nur um einen Misserfolg, eine vorübergehende Niederlage handelt.
Manche Menschen allerdings verbringen ihr Leben damit, immer wieder aufzugeben und anzufangen. Ein Leben lang! Ob beim Gewicht, den Finanzen oder der Beziehung, sie halten eben nicht durch, brechen ab und fangen immer wieder neu an. Aber eben immer an der gleichen alten Stelle, nicht auf einem höheren Level, einem besseren Stand – sondern auf dem schlechtesten Niveau, was sie haben können. Die Alternative dazu heißt durchhalten.
Durchhalten macht die Angelegenheit nicht besser. Sie bleibt schlecht, ob Corona, die Sucht oder ein Beinbruch. Aber es macht die Sache eben auch nicht schlechter. Sei bleibt einfach so, wie sie ist. Wir müssen Sie akzeptieren und annehmen. Und das Beste daraus machen.
Sie entscheiden, wie Sie damit umgehen. Ich empfehle Ihnen: Entscheiden Sie sich für das Durchhalten, denn die Alternative ist wenig attraktiv. Entscheiden Sie sich gleich für das Durchhalten, alles andere ist nur frustrierende Zeitverschwendung.
Herzlichst
Ihr
Bernd Kiesewetter